Titelbild: (c) Frank Gottschall, VEWA e.V.

Donnerstag, 10. Januar 2013

Übernahme von Bunkerruinen durch das Land Rheinland-Pfalz

Am Freitag den 4. Januar 2013 war die Unterzeichnung des Vertrages, mit dem das Land Rheinland-Pfalz die Bunkerruinen des Westwalls auf seinem Territorium vom Bund übernimmt.

Das ist ein historisches Ereignis, nicht nur im Hinblick auf die Geschichte des Westwalls, sondern auch für dieses Land, das damit als erstes Bundesland in einem mutigen und beispielhaften Schritt nicht nur die Verantwortung für den Natur- und Denkmalschutz, sondern ab dem 1. Oktober 2014 auch für die Verkehrssicherung an diesen Ruinen übernimmt.

Minister-Präsident Kurt Beck und Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, unterzeichnen den Vertrag. Ebenfalls maßgeblich beteiligt an den Verhandlungen: Finanz-Staatssekretär Salvatore Barbaro (im Hintergrund rechts).
Bild (c) Walter Stutterich


Der Verein zum Erhalt der Westwall-Anlagen (VEWA) hat einen solchen Schritt lange befürwortet. Das war ein langer Weg: Schon in den 70ger Jahren plädierte unser Gründungsmitglied Walter Stutterich als einer der ersten für den Erhalt der Ruinen, und wies damals schon auf die wichtige Bedeutung für Artenvielfalt und Geschichtsbewußtsein hin. Trotzdem nahm die Zerstörung von Tausenden Ruinen im gesamten Westwall noch in den 80ger Jahren gewaltige Formen an. Jedoch erst Beseitigungen von Ruinen, die in den 90ger Jahren zunehmend Wald und Naturschutzgebiete betrafen, ließen die öffentliche Kritik anwachsen. Mit der Gründung der VEWA 2003 bündelten erstmals Historiker und Naturschützer ihre Anstrengungen, um über die Presse Druck auszuüben, durch die Teilnahme an behördliche Begehungen den Dialog mit der BImA erfolgreich zu führen und dem Thema im Land durch Publikationen und Führungen eine angemessene Aufmerksamkeit zu verleihen. Nur so konnten Denkmalschützer, Biologen, Naturschutzbehörden, Bürgermeister, Förster bis hin zum Umweltministerium, der Ministerpräsident und Landtagsabgeordnete erreicht werden. Dadurch setzte innerhalb der Landesregierung ein Umdenken ein. Der Beseitigungsstopp 2004 und die Unterschutzstellung als Flächendenkmal 2008 waren wichtige Stationen, und darin reiht sich die Übernahme der Standorte ein.
Jetzt geht es darum, dass das Land im Dialog mit allen Akteuren im Natur- und Denkmalschutz gemeinsam ein Konzept für eine vernünftige und angemessene Verkehrssicherung entwickelt, das deutlich mehr auf Eigenverantwortung setzt. Genau darauf zielt die aktuelle zweite Phase des Projektes "Grüner Wall im Westen" ab, worin der BUND Rheinland-Pfalz, der VEWA und das Land kooperieren.

Mit diesem Vertrag wird ein unübersehbares Zeichen gesetzt wie die heutige Generation mit diesem schweren Erbe umzugehen vermag. Deshalb ist der Tag der Unterzeichnung auch von historischer Bedeutung für die Bundesrepublik: Anstelle von jahrzehntelanger defacto Verdrängung von Geschichte durch die Tilgung der Bunkerruinen aus der Landschaft und damit aus dem Bewußtsein der Menschen, stellt sich nun auch zum Thema "Westwall" der Wille zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Denkmälern und Biotopen ein.

Mittwoch, 15. August 2012

Ein weiteres Beispiel: Eine "funktionierende" Bunkerruine


Dieser gesprengte Unterstand unweit von Pirmasens ist nicht eingezäunt und die langjährigen Untersuchungen durch Walter Stutterich (BUND/VEWA) zeigen, dass sich die Wildkatze und der Luchs hier aufhalten. Eine undurchlässige Einzäunung würde diese Habitatfunktion beenden.

Ganz abgesehen von der Diskussion über Sinn und Zweck von Zäunen, über ihre rechtliche und physische Haltbarkeit: Wenn es dann nach einer Klassifizierung der Standorte nach Gefährdungspotential ein Zaun sein muss, dann bitte so, dass ein differenzierter Zugang im Sinne der Habitatfunktion möglich bleibt.

Die europäische Spinne des Jahres 2012
Auch in dieser Bunkerruine kommt sie vor: Meta menardi, die Große Höhlenspinne. Eine typische Art in Höhlen, alten Gewölben und auch in Bunkern:
Mehr dazu hier.

Bild: (c) Walter Stutterich






Mittwoch, 20. Juni 2012

Ein Leitfaden zum Umgang mit Standortdaten

Wie soll man es dann machen? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, weil eine allgemeingültige Regel gibt es hierfür nicht.
Ein ausführlicher Leitfaden wurde 2008 im Forum west-wall.de erarbeitet, ist seitdem Teil der Forumsregeln und werde ich hier nochmal zusammenfassen:


1) Nicht alles gehört öffentlich

Ein öffentliches Forum, eine Homepage oder öffentliche KML-Dateien über dem Westwall sind nur bedingt dafür geeignet aller Welt zu zeigen wo man am vergangenen Wochenende gewesen ist und was man dabei alles gesehen hat.

2) Folgen einer Veröffentlichung

Überdenke die Folgen deiner Veröffentlichung und wähle dein Medium mit Vernunft. Daten auf Foren, Webseiten oder Google-Earth verbreiten sich sehr viel schneller als auf Papier in Form von Artikeln oder Büchern:
- Besonders öffentlich zugängliche Internetquellen erreichen mehr Publikum als du als Autor jemals erwartest und beabsichtigst. Bunkerruinen vertragen selten große Besuchermengen.
- Je größer das Publikum, desto differenzierter die Motive auch mal hin zu gehen, und diese sind längst nicht alle förderlich für den Erhaltungszustand.
- Bedenke, daß öffentliche und private Grundstückseigentümer selten gerne ihre Grundstücke oder Bunker darauf im Internet abgebildet sehen.

3) Welche Inhalte sind sensibel?

Sei zurückhaltend mit der Freigabe von Karten, genauen Ortsangaben, Koordinaten, BVA- und WH-Nummern. Je größer der potentielle Verteilungskreis, desto besser ist es darauf erstmal zu verzichten.

4) Umfang

Großräumige, detaillierte Beschreibungen und listenmäßige oder kartografische Darstellungen von Befestigungssystemen mit genauen Standortdaten sind auf öffentlich zugängliche Webseiten schlecht aufgehoben.
Als Aushängeschild tut es eine beschränkte Veröffentlichung auch (z.B. über eine Anlage anstelle von gleich hundert).

5) Dein Motiv

Warum, oder besser für wen machst du das?
- Für den ewigen Ruhm, weil du der "erste" warst, der alle Bunker einer Stellung abgelaufen ist und sich die Mühe gemacht hat die Daten in Google-Earth einzustellen? Das wäre ziemlich egoistisch.
- Oder weil du die Welt besser machen willst und alle Menschen Geschichte zum Anfassen anbieten willst? Dann solltest du dir überlegen, ob es dann nicht sinnvoller wäre ein beschränkter Abschnitt deutlich detaillierter aufzubereiten, Zeitzeugen und Archivdokumente mit einzubeziehen und deine Arbeit zu konzentrieren.
- Oder weil du einen sinnvollen Beitrag zum Erhalt leisten willst? Dann überleg mal, ob Google-Earth dafür wirklich das richtige Medium ist.

6) Kleiner Verteilerkreis

Falls man als Autor doch umfassende Veröffentlichungen mit Standortdaten angehen möchte, lohnen sich vorangehende Experimente mit einer Verteilung innerhalb des eigenen Bekanntenkreises über lose Dokumente oder Links per Email. Anerkennung erhält man dort mehr als aus dem Kreis der vielen anonymen Lesern einer Internetseite.

7) Lokale Zielgruppen zuerst

Es ist wesentlich sinnvoller, umfassende Veröffentlichungen mit eingeschränkten Standortdaten an die Menschen zu richten, die im Umfeld der beschriebenen Objekten wohnen und verwalten und erst später für die überregionalen Öffentlichkeit aufzubereiten. Das bedeutet: Erst kommen Führungen, Vorträge und lokale kleine Veröffentlichungen auf Papier (die dann auch Standortdaten enthalten können). Das Medium Internet kann das zwar begleiten und nach und nach nützliche Inhalte bieten, aber sei vorsichtig dort Standortdaten zu veröffentlichen, mach das bitte wohlüberlegt.

Dienstag, 12. Juni 2012

Ein positives Beispiel: Eine Strassensperre nördlich von Karlsruhe

Das Befestigungssystem, dass bis Mitte 1940 entstand, zeigt mehrere konzeptionelle Brüche, Ungereimtheiten und Vermischungen. Eine davon ist die Mischung aus Bauwerken, die einerseits das Heer baute, und andererseits die Luftwaffe. Die Luftwaffe unter Göring sprang im Sommer von 1938 sozusagen auf den Zug auf, weil Befestigungsbau war im 3. Reich nicht nur Mode geworden, da war auch mächtig viel Geld und Ansehen mit im Spiel. Und da die Luftwaffe dem Heer in nichts nachstehen wollte, baute sie nicht nur eine Kette von Luftabwehrstellungen für Flakbatterien (die Luftverteidigungszone West - kurz LVZ-West), sondern auch gleich ihren eigenen kleinen "Westwall" zwischem dem Westwall und der LVZ-West zur Abwehr von Bodentruppen dazu.

Gerade bei Karlsruhe überlappen sich alle drei Systeme teilweise: Das Heer baute am Rheinufer bis Germersheim die "Oberrheinstellung" und dahinter Gruppen von Unterständen für Artillerie und die Befehlsinfrastruktur. Das mischte sich mit Stützpunkten der LVZ-West zur Bodenabwehr und zur Luftabwehr.

Ein Relikt der "Bodenverteidigungszone der LVZ-West" ist diese Strassensperre nördlich von Karlsruhe woran täglich viele Menschen mit der S-Bahn (Haltestelle Reitschulschlag) oder dem Auto vorbeifahren.

Die Veröffentlichung dieses Standortes ist unkritisch: Hier braucht es keine Verkehrssicherungsmassnahmen (aber bitte stellt euch nicht auf die Fahrbahn), es gibt nichts zu entfernen und die Veröffentlichung wurde mit den örtlichen Behörden abgestimmt.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Medienkompetenz im Umgang mit Standortdaten

Genau das möchte ich helfen entwickeln: Medienkompetenz. Nicht nach einem gelungenen Spaziergang durch den Pfälzer Wald aus lauter Begeisterung eine ganze Forumsseite befüllen mit zig Bildern und Ortsnamen von gesprengten Bunkern. Nicht gleich das Foto vom Bunker am Ortsrand bei Flicker, Picasa oder wie die alle heißen "getaged" ins Netz stellen. Hängt nicht an einem alten Forumsthread deinen ersten Beitrag dran, dass Du gestern auch dort warst und dass man übrigens jetzt über ein neues Loch im Zaun auf der Rückseite hineinkommt. Bedenke, dass Du mit dem Internet weit mehr Menschen erreichen kannst, als Du Dir vorstellst. Bedenke, dass Dein gelungener Geocache einen Besucherstrom auslösen kann, der Anwohner verunsichert, Förster verärgert, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Arbeit beschert, Tiere verscheucht und Pflanzen zertrampelt. Wenn schon die Besucher allein keine Schäden anrichten, dann kann das die Reaktion auf die Besucher schon.
Ich will hier jedoch nicht falsch verstanden werden: Ich fordere keinesfalls ein Verbot auf Veröffentlichungen zum Thema Westwallbunker, wir leben in einer Demokratie und es gilt nach wie vor die Meinungsfreiheit. Ich will nur aufzeichnen, dass ein verschlossener Luftschutzbunker in der Stadt ganz andere Rahmenbedingungen für Veröffentlichungen bietet als die Ruine eines Bunkers im Wald oder am Rand einer Ortschaft. Deshalb: Veröffentliche bitte mit Vernunft. Wer öffentliche Medien zur Verbreitung von Wissen nutzen will, sollte verstehen, wie diese Medien funktionieren.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Schon vorhandene Standortdaten im Internet

Ein viel gehörtes Argument gegen einen vorsichtigen Umgang mit Standortdaten ist, dass bei GoogleEarth doch eh schon alle Standorte "drin" sind. Tatsächlich haben sich einige Menschen die Mühe gemacht und KML-Dateien mit den Standorten des Symbols "Ehemaliger Bunker" aus (vor allem älteren) topographischen Karten veröffentlicht. Leider geschah diese Veröffentlichung ohne Bewusstsein für die Folgen und zum Glück ohne Wissen um die Datenqualität. Es handelt sich meistens um beseitigte Standorte und nicht um Ruinen, woraus was zu "holen" ist, oder die für die Verkehrssicherung noch relevant sind. Trotzdem, dieses schlechte Beispiel sollte man nicht auch noch um "bessere Daten" ergänzen.

Und Geocaching? Da ist das nächste Problem: In Unkenntnis über den komplexen Hintergrund werden Massen von Menschen zu Stollen und Bunkern gelockt. Ich weiß, das ist auch eine Art von Nutzung und ein berechtigtes Interesse. Jeder hat das Recht, diese Bauwerke zu sehen. Es geht hier abermals um überschneidende Interessen, und die brauchen ein Gleichgewicht. Benötigt wird ein Dialog, denn die Geocaching-Gemeinschaft hat schon längst Mechanismen zur Sensibilisierung für sich überschneidende Interessen aufgebaut.

Montag, 18. Juli 2011

Plünderung

Einen letzten abträglichen Faktor will ich noch vor Augen führen: Raub. Wenn man allein bei Ebay sieht, was für Stahlteile, die aus Bunkern "geborgen" wurden, verlangt und geboten wird, braucht man sich nicht zu wundern. Als das mit dem Ausräumen von Opas altem Speicher anfing, war es noch lustig. Was da alles zum Vorschein kam! Jetzt hat sich so etwas wie ein "Markt" gebildet, und Bauteile werden regelrecht aus Bunkerruinen herausgebrochen, -gesägt und -gemeißelt. Der hohe Preis für Metalle kommt hinzu. Ich bin der Ansicht, dass man durch Veröffentlichungen mit Standortdaten diese Praxis nicht auch noch unterstützen soll. Und wer es noch nicht weiß: Bunker und ihr Inventar sind kein herrenloses Gut. Bauteile aus Bunkern "auszubauen" ist Diebstahl und damit eine Straftat. Denkmäler vorsätzlich zu beschädigen ist kriminell. Wer diese Sachen kauft ohne die Herkunft zu hinterfragen, unterstützt diese Praxis und macht sich genau genommen ebenfalls strafbar. Ich bitte Alle: Macht da nicht mit.