Titelbild: (c) Frank Gottschall, VEWA e.V.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Ein Leitfaden zum Umgang mit Standortdaten

Wie soll man es dann machen? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, weil eine allgemeingültige Regel gibt es hierfür nicht.
Ein ausführlicher Leitfaden wurde 2008 im Forum west-wall.de erarbeitet, ist seitdem Teil der Forumsregeln und werde ich hier nochmal zusammenfassen:


1) Nicht alles gehört öffentlich

Ein öffentliches Forum, eine Homepage oder öffentliche KML-Dateien über dem Westwall sind nur bedingt dafür geeignet aller Welt zu zeigen wo man am vergangenen Wochenende gewesen ist und was man dabei alles gesehen hat.

2) Folgen einer Veröffentlichung

Überdenke die Folgen deiner Veröffentlichung und wähle dein Medium mit Vernunft. Daten auf Foren, Webseiten oder Google-Earth verbreiten sich sehr viel schneller als auf Papier in Form von Artikeln oder Büchern:
- Besonders öffentlich zugängliche Internetquellen erreichen mehr Publikum als du als Autor jemals erwartest und beabsichtigst. Bunkerruinen vertragen selten große Besuchermengen.
- Je größer das Publikum, desto differenzierter die Motive auch mal hin zu gehen, und diese sind längst nicht alle förderlich für den Erhaltungszustand.
- Bedenke, daß öffentliche und private Grundstückseigentümer selten gerne ihre Grundstücke oder Bunker darauf im Internet abgebildet sehen.

3) Welche Inhalte sind sensibel?

Sei zurückhaltend mit der Freigabe von Karten, genauen Ortsangaben, Koordinaten, BVA- und WH-Nummern. Je größer der potentielle Verteilungskreis, desto besser ist es darauf erstmal zu verzichten.

4) Umfang

Großräumige, detaillierte Beschreibungen und listenmäßige oder kartografische Darstellungen von Befestigungssystemen mit genauen Standortdaten sind auf öffentlich zugängliche Webseiten schlecht aufgehoben.
Als Aushängeschild tut es eine beschränkte Veröffentlichung auch (z.B. über eine Anlage anstelle von gleich hundert).

5) Dein Motiv

Warum, oder besser für wen machst du das?
- Für den ewigen Ruhm, weil du der "erste" warst, der alle Bunker einer Stellung abgelaufen ist und sich die Mühe gemacht hat die Daten in Google-Earth einzustellen? Das wäre ziemlich egoistisch.
- Oder weil du die Welt besser machen willst und alle Menschen Geschichte zum Anfassen anbieten willst? Dann solltest du dir überlegen, ob es dann nicht sinnvoller wäre ein beschränkter Abschnitt deutlich detaillierter aufzubereiten, Zeitzeugen und Archivdokumente mit einzubeziehen und deine Arbeit zu konzentrieren.
- Oder weil du einen sinnvollen Beitrag zum Erhalt leisten willst? Dann überleg mal, ob Google-Earth dafür wirklich das richtige Medium ist.

6) Kleiner Verteilerkreis

Falls man als Autor doch umfassende Veröffentlichungen mit Standortdaten angehen möchte, lohnen sich vorangehende Experimente mit einer Verteilung innerhalb des eigenen Bekanntenkreises über lose Dokumente oder Links per Email. Anerkennung erhält man dort mehr als aus dem Kreis der vielen anonymen Lesern einer Internetseite.

7) Lokale Zielgruppen zuerst

Es ist wesentlich sinnvoller, umfassende Veröffentlichungen mit eingeschränkten Standortdaten an die Menschen zu richten, die im Umfeld der beschriebenen Objekten wohnen und verwalten und erst später für die überregionalen Öffentlichkeit aufzubereiten. Das bedeutet: Erst kommen Führungen, Vorträge und lokale kleine Veröffentlichungen auf Papier (die dann auch Standortdaten enthalten können). Das Medium Internet kann das zwar begleiten und nach und nach nützliche Inhalte bieten, aber sei vorsichtig dort Standortdaten zu veröffentlichen, mach das bitte wohlüberlegt.

Dienstag, 12. Juni 2012

Ein positives Beispiel: Eine Strassensperre nördlich von Karlsruhe

Das Befestigungssystem, dass bis Mitte 1940 entstand, zeigt mehrere konzeptionelle Brüche, Ungereimtheiten und Vermischungen. Eine davon ist die Mischung aus Bauwerken, die einerseits das Heer baute, und andererseits die Luftwaffe. Die Luftwaffe unter Göring sprang im Sommer von 1938 sozusagen auf den Zug auf, weil Befestigungsbau war im 3. Reich nicht nur Mode geworden, da war auch mächtig viel Geld und Ansehen mit im Spiel. Und da die Luftwaffe dem Heer in nichts nachstehen wollte, baute sie nicht nur eine Kette von Luftabwehrstellungen für Flakbatterien (die Luftverteidigungszone West - kurz LVZ-West), sondern auch gleich ihren eigenen kleinen "Westwall" zwischem dem Westwall und der LVZ-West zur Abwehr von Bodentruppen dazu.

Gerade bei Karlsruhe überlappen sich alle drei Systeme teilweise: Das Heer baute am Rheinufer bis Germersheim die "Oberrheinstellung" und dahinter Gruppen von Unterständen für Artillerie und die Befehlsinfrastruktur. Das mischte sich mit Stützpunkten der LVZ-West zur Bodenabwehr und zur Luftabwehr.

Ein Relikt der "Bodenverteidigungszone der LVZ-West" ist diese Strassensperre nördlich von Karlsruhe woran täglich viele Menschen mit der S-Bahn (Haltestelle Reitschulschlag) oder dem Auto vorbeifahren.

Die Veröffentlichung dieses Standortes ist unkritisch: Hier braucht es keine Verkehrssicherungsmassnahmen (aber bitte stellt euch nicht auf die Fahrbahn), es gibt nichts zu entfernen und die Veröffentlichung wurde mit den örtlichen Behörden abgestimmt.