Titelbild: (c) Frank Gottschall, VEWA e.V.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Medienkompetenz im Umgang mit Standortdaten

Genau das möchte ich helfen entwickeln: Medienkompetenz. Nicht nach einem gelungenen Spaziergang durch den Pfälzer Wald aus lauter Begeisterung eine ganze Forumsseite befüllen mit zig Bildern und Ortsnamen von gesprengten Bunkern. Nicht gleich das Foto vom Bunker am Ortsrand bei Flicker, Picasa oder wie die alle heißen "getaged" ins Netz stellen. Hängt nicht an einem alten Forumsthread deinen ersten Beitrag dran, dass Du gestern auch dort warst und dass man übrigens jetzt über ein neues Loch im Zaun auf der Rückseite hineinkommt. Bedenke, dass Du mit dem Internet weit mehr Menschen erreichen kannst, als Du Dir vorstellst. Bedenke, dass Dein gelungener Geocache einen Besucherstrom auslösen kann, der Anwohner verunsichert, Förster verärgert, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Arbeit beschert, Tiere verscheucht und Pflanzen zertrampelt. Wenn schon die Besucher allein keine Schäden anrichten, dann kann das die Reaktion auf die Besucher schon.
Ich will hier jedoch nicht falsch verstanden werden: Ich fordere keinesfalls ein Verbot auf Veröffentlichungen zum Thema Westwallbunker, wir leben in einer Demokratie und es gilt nach wie vor die Meinungsfreiheit. Ich will nur aufzeichnen, dass ein verschlossener Luftschutzbunker in der Stadt ganz andere Rahmenbedingungen für Veröffentlichungen bietet als die Ruine eines Bunkers im Wald oder am Rand einer Ortschaft. Deshalb: Veröffentliche bitte mit Vernunft. Wer öffentliche Medien zur Verbreitung von Wissen nutzen will, sollte verstehen, wie diese Medien funktionieren.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Schon vorhandene Standortdaten im Internet

Ein viel gehörtes Argument gegen einen vorsichtigen Umgang mit Standortdaten ist, dass bei GoogleEarth doch eh schon alle Standorte "drin" sind. Tatsächlich haben sich einige Menschen die Mühe gemacht und KML-Dateien mit den Standorten des Symbols "Ehemaliger Bunker" aus (vor allem älteren) topographischen Karten veröffentlicht. Leider geschah diese Veröffentlichung ohne Bewusstsein für die Folgen und zum Glück ohne Wissen um die Datenqualität. Es handelt sich meistens um beseitigte Standorte und nicht um Ruinen, woraus was zu "holen" ist, oder die für die Verkehrssicherung noch relevant sind. Trotzdem, dieses schlechte Beispiel sollte man nicht auch noch um "bessere Daten" ergänzen.

Und Geocaching? Da ist das nächste Problem: In Unkenntnis über den komplexen Hintergrund werden Massen von Menschen zu Stollen und Bunkern gelockt. Ich weiß, das ist auch eine Art von Nutzung und ein berechtigtes Interesse. Jeder hat das Recht, diese Bauwerke zu sehen. Es geht hier abermals um überschneidende Interessen, und die brauchen ein Gleichgewicht. Benötigt wird ein Dialog, denn die Geocaching-Gemeinschaft hat schon längst Mechanismen zur Sensibilisierung für sich überschneidende Interessen aufgebaut.

Montag, 18. Juli 2011

Plünderung

Einen letzten abträglichen Faktor will ich noch vor Augen führen: Raub. Wenn man allein bei Ebay sieht, was für Stahlteile, die aus Bunkern "geborgen" wurden, verlangt und geboten wird, braucht man sich nicht zu wundern. Als das mit dem Ausräumen von Opas altem Speicher anfing, war es noch lustig. Was da alles zum Vorschein kam! Jetzt hat sich so etwas wie ein "Markt" gebildet, und Bauteile werden regelrecht aus Bunkerruinen herausgebrochen, -gesägt und -gemeißelt. Der hohe Preis für Metalle kommt hinzu. Ich bin der Ansicht, dass man durch Veröffentlichungen mit Standortdaten diese Praxis nicht auch noch unterstützen soll. Und wer es noch nicht weiß: Bunker und ihr Inventar sind kein herrenloses Gut. Bauteile aus Bunkern "auszubauen" ist Diebstahl und damit eine Straftat. Denkmäler vorsätzlich zu beschädigen ist kriminell. Wer diese Sachen kauft ohne die Herkunft zu hinterfragen, unterstützt diese Praxis und macht sich genau genommen ebenfalls strafbar. Ich bitte Alle: Macht da nicht mit.

Freitag, 15. Juli 2011

Unkenntnis und Vorurteile

Es gibt einen wichtigen Faktor, der durch die Veröffentlichung von Standorten zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes führt: Anwohner, Landwirte und örtliche Behörden sind auf  "Bunkertourismus" in der Regel nicht vorbereitet, manchmal wird Rechtsextremismus befürchtet, und dann liegt schnell eine Ladung Sand drüber. (Ich sage euch ehrlich: In all den Jahren zwischen Betonbrocken, zwischen den Symbolen der "Niederlage" sind mir noch nie Nazis begegnet, die dort ihre "Gedenkstätte" hätten. Warum auch? Aber eins gibt es: Besucher in militärischer Bekleidung tragen zu einem negativen Erscheinungsbild bei.)

Hier sind zwei Komponenten zu unterscheiden: Zum einen die Anwohner und örtlichen Behörden, zum anderen die Besucher, die in kleineren oder größeren Anzahlen anfallen, worauf ich später noch zu sprechen komme.

Anwohner, Grundstückseigentümer, Förster, Jäger, Pächter, Landwirte und örtliche Behörden wissen oft nicht, was "man" mit den alten Betonbrocken anfangen soll und zerstören und übererden sie manchmal. Unkenntnis und Vorurteile spielen hier eine wichtige Rolle. Eine Lösung kann in gezielten Veröffentlichungen liegen, in einem kleinen Gebiet, begleitet von Führungen und Vorträgen und sogar mit Standortdaten. Das fördert Verständnis und Wissen, kostet aber eben Arbeit.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Ein Beispiel von was man besser nicht tut

Stellen Sie sich vor, dass ich das Dokumentationsblatt von diesem Bunker unter Nennung der korrekten Nummer, Ortsangaben und/oder Koordinaten im Internet, vielleicht sogar als spannenden Geocache veröffentlichen würde. Was kann dann passieren?


- Zwangsläufig zieht man mehr Besucher an. Das wollte man doch erreichen? Das kann man haben: Je mehr Publikumsverkehr erzeugt wird, desto stärker werden Fahrspuren, Trampelpfade und Müllablagerung gebildet und das schadet die Vegetation.

- Als Folge fühlen sich manche Tierarten gestört und meiden ihren dortigen Nestplatz, Liegekuhle oder Jagtrevier.

- Anwohner, Grundstückseigentümer, Pächter, Landwirte, Jäger oder Förster fühlen sich gestört und versuchen den Publikumsverkehr zu unterbinden. In der Vergangenheit reichte in einigen Fällen ein Beseitigungsantrag beim Bundesvermögensamt um den Abbruch herbei zu führen. Andernorts greift man noch immer zur Selbsthilfe und schüttet Zugänge mit Erdreich oder Holzabfällen zu.


Es ist naiv zu glauben, dass ein Bunkerbild, eine Google Earth KML-Datei oder ein Forumsbeitrag nicht schaden kann.Viele (private) Grundstückseigentümer schauen sich ihren Besitz in Google Earth an. Können Sie sich vorstellen, wie schnell zugeschüttet wird, wenn jemand anders mit einem GPS-Punkt und schönen Bildchen für den Bunker auf diesem Grundstück "wirbt" und eine Woche später der Zaun aufgebrochen wird?

Dienstag, 12. Juli 2011

Ein echt deutsches Thema: Verkehrssicherung kontra Denkmalschutz

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Bundesrepublik sehr bemüht, damit von den gesprengten Resten der "Westbefestigungen" keine Gefahren für Anwohner ausgehen und dass sie die Entwicklung von Siedlungen und Infrastruktur nicht beeinträchtigen. Seit ich als fünfzehnjähriger niederländischer "Grenzgänger" bei Aachen anfing den Zweck und das Schicksal der einst so zahlreichen Bunker zu hinterfragen und erst mal gar nichts mehr fand, drängte sich der Gedanke auf, dass man die Bunkerruinen einfach nicht schön fand und deshalb ein Stück Geschichte mit Meißel, Bagger und viel Geld aus dem Bewusstsein der Menschen entfernte. Bezahlt wurde das vor allem durch das Bundesfinanzministerium und begründet mit Verkehrssicherung. Nun möchte ich anmerken, dass ich kein anderes Land in Europa kenne, dass sich soviel Sorgen macht um seine ehemaligen Befestigungsanlagen und soviel Mittel aufwendet um sie zu "sichern" oder zu entfernen.

Als seit den 80er Jahren die "Bunkerbeseitigung" auch vor ausgedehnten Waldgebieten, Naturschutzgebieten und historischen Stätten keinen Halt machte, wuchs der Widerstand von Seiten der Historiker, Naturschützer, Denkmalschützer, Bunkerfreunde und Anwohner heran. Es war eine schizophrene Situation: Auf der einen Seite wurden von Bund und Ländern Steuergeld aufgewendet um Denkmäler zu restaurieren oder gar Biotope anzulegen, auf der anderen Seite beharrte das damalige "Bundesvermögensamt" auf die notwendige Verkehrssicherung und zerstörte sie. Einzelne Veröffentlichungen schienen den "föderalen Vandalismus" jedoch geradezu zu fördern, weil Standorte veröffentlicht wurden. Womit wir beim Thema sind.

Ende 2002 hinterfragte die Zeitschrift "Der Spiegel" den Sinn der Geschichtsvernichtung, und Spiegel-TV strahlte 2003 einen Dokumentarfilm darüber aus. Zwischen 2004 und 2009 richteten die vier "Westwall-Bundesländer" gesetzliche Schutzvorkehrungen ein, und der Bund für Umwelt und Naturschutz bietet mit dem Projekt "Grüner Wall im Westen" ein Forum, worin Bund, Länder, Denkmalschützer und Naturschützer versuchen, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen. Als alternative Verkehrssicherung wird inzwischen erneut eingezäunt. Auch das kostet Geld, führt zu Abholzungen und Beschädigungen an den Standorten und sperrt nebenbei Tiere aus.

Ein Beispiel für eine neue Einzäunung mit Optimierungspotential: Der Standort wurde abgeholzt und das anfallende Holz wurde in die Ruine geworfen. Die Ruine ist jetzt gerade erst recht sichtbar, zieht Menschen an aber der Zaun sperrt manche Tierarten aus. Das umringende Gelände wurde planiert und der Zaun führt einmal komplett großzügig herum. Ist das jetzt ein sinnvoller Umgang mit einem Denkmal und Biotop?
Bild: (c) Walter Stutterich



Am liebsten gar keine Zäune, rufen viele, weil es gibt zig-hunderte Standorten in der Eifel, im Hunsrück, in der Pfalz und in den Rheinauen, die keinem Stören und wo noch nie jemand zu Schaden gekommen ist.Trotzdem, so einfach ist es nicht: Eine Lösung für die juristische Klemme